Manuel Wiegert

Wer auf den Demos die Augen offen hält, der hat Manuel sicher schon gesehen. Denn sein roter Hut ist nicht nur auffällig, sondern auch ein Stück weit Markenzeichen.

Der Sprecher der DHV Ortsgruppe Freiburg ist seit 2019 im DHV aktiv.

Wenn er nicht gerade auf Demos unterwegs ist, oder Aktionen plant, ist der gelernte Intensivpfleger aus dem Schwarzwald gerne in der Natur unterwegs und auf der Suche nach „Lost Places“.

Hoffentlich findet er auf seiner Suche auch bald die Legalisierung!

Wir freuen uns, dass er sich die Zeit für ein kurzes Interview genommen hat.

Hanfverband Hamburg: Wie bist du zum ersten mal mit Cannabis in Berührung gekommen?

Manuel: Mit 14 Jahren zum ersten Mal Cannabis, gleich nach Nikotin und Alkohol.

Es war auf einer Fasentveranstaltung (Karneval), als mir ein Freund anbot, an einer Hasch-Zigarette zu ziehen. Da durch den Besuch der Polizei in der Schule „zur Drogenprävention“ ein paar Wochen zuvor mein Interesse bereits bestand, sagte ich ja und zog daran. Mein erstes High kann ich nur mit schöner Erinnerung in Verbindung bringen.

Hanfverband Hamburg: Hat sich dein Konsum im Laufe der Jahre verändert?

Manuel: Ja, in verschiedenste Richtungen, die alle Erfahrungen sind, die ich in meinem Leben niemals missen möchte.

Hanfverband Hamburg: Hattest du in Bezug auf Cannabis schon Probleme mit dem Gesetz?

Manuel: Im August 2018 geriet ich in eine Polizeikontrolle, durch die ich im Februar 2019 meinen Führerschein verloren habe. Es war ein teurer Kampf, aber ich habe ihn im März 2021 wiederbekommen.

Hanfverband Hamburg: Was hat dich dazu bewegt, aktiv zu werden?

Manuel: Siehe Antwort der vorherigen Frage.

Cannabiskonsum wird in Deutschland um ein Vielfaches strenger geahndet als Alkoholkonsum. Dieser Ungerechtigkeit muss ein Ende gesetzt werden.

Hanfverband Hamburg: Auf welche Art engagierst du dich für die Legalisierung von Cannabis?

Manuel: Ich bin Sprecher der Ortsgruppe Freiburg des DHV. Ich organisiere und leite allerlei Aktionen wie z.B. Infostände, Mahnwachen und Treffen.

Im Mai habe ich es gemeinsam mit dem GMM-FR-Orgateam geschafft, dass zum GMM in Freiburg über tausend Besucher kamen.

Wann immer möglich, besuche ich Messen und Demos überall in Deutschland.

Hanfverband Hamburg: Bist du Cannabis – Patient?

Manuel: Nein. Bisher habe ich keinen passenden Arzt gefunden, da ich – ich zitiere eine Arzthelferin – „NUR Depressionen“ habe. Schade, dass mir eine Bandbreite an Pillen wie mit einem Fingerschnipp zur Verfügung steht, sogar in kombinierten Variationen, aber das einzelne Medikament Cannabis nicht.

Hanfverband Hamburg: Wie hat Cannabis deine gesundheitliche Situation verbessert? Oder hat es das auch ohne, dass du Patient bist?

Manuel: Cannabis kann mir helfen, meine depressiven Episoden besser wahrzunehmen, zu reflektieren und mit ihnen umgehen zu können.

Hanfverband Hamburg: Wie stehst du zu anderen Drogen und der Debatte um eine Entkriminalisierung dieser Substanzen?

Manuel: In meinen Augen hat ein jeder das Recht auf Rausch, ganz gleich welcher Art.

Gleich, ob der Rausch von Substanzen aus Pflanzen oder Situationen mit Emotionen kommen mag. Menschen und Lebewesen haben sich schon immer auf unterschiedlichste Art und Weise berauscht, dafür soll doch bitte niemand bestraft werden. Oder sollen wir jetzt auch Delfine jagen und verklagen, weil sie Kugelfische kauen, um an eine Tetrodotoxin-Dröhnung zu kommen? Das ist glaube ich etwas makabrer als zu Hause ein paar Hanfpflanzen stehen zu haben.

Hanfverband Hamburg: Was erwartest du von der neuen Regierung bezüglich der im Koalitionsvertrag stehenden Legalisierung?

Manuel: Dass die Ampel es noch in dieser Legislaturperiode schafft die Legalisierung durchzuziehen (hehe… durchzuziehen), ohne THC-Obergrenzwert oder maximale Besitzmenge. Diese beiden Grenzpunkte sind wieder die Punkte, an dem der Schwarzmarkt anfangen kann zu übernehmen, und das macht er gerne, ohne Steuern und/oder Skrupel.

Ein Beispiel das ich mich gerade frage:

Wenn ich eine Geburtstagsfeier mit 100 Gästen plane und die Besitzmenge bei, sagen wir 40g liegt, wie organisiere ich das? Trinken ist easy, da bestelle ich genug auf Kommission und leihe mir noch einen Kühlwagen dazu. Wenn ca. 50%der Besucher Kiffen, rechne ich doch mindestens 1g pro Person, da wäre ich mit 50g ja schon über der Besitzmenge. Also muss ich einen Shuttle-Service für Nachschub in Anspruch nehmen, oder kann ich in diesem Fall die Besitzmenge auf die Köpfe verteilen was dann (50×40) 2000g wären? Andere Frage dazu… wer kontrolliert das? Oder kann ich da vorher einen Antrag stellen? Auf welchem Amt? Der Blaue oder der Lila Antrag für das Grüne Formular?…

Diese Grenzen sind nur Arbeits-Beschaffungs-Maßnahmen mit möglichen Negativfolgen, die kein wirkliches Ziel verfolgen oder gar je erreichen werden.

Ich wohne in Oberkirch, keine 20.000 Einwohner, aber knapp unter 1.000 Brennrechte, die größte, mir bekannte Brennerdichte weltweit. Ich kann Alkohol kaufen ohne Vorschrift, wie potent das Produkt sein darf oder wie viel in der Menge ich besitzen darf, es muss nur klar deklariert sein. Das muss doch auch endlich mal bei Gras funktionieren!?

Die größte Forderung:

!Macht ma hinne!

!Wir haben lange genug gewartet!

Hanfverband Hamburg: Gab, oder gibt es Momente in deinem Aktivistenleben, wo du an deiner Überzeugung gezweifelt hast? Wenn ja, was motiviert dich weiterzumachen?

Manuel: Ja, mehrfach. Die Momente waren für mich immer die, an denen ich bei Treffen allein da stand/saß, oder als ich einmal einen Infostand allein im Regen abgebaut und abtransportiert habe. Das schlimmste für mich ist, wenn Menschen nicht absagen, wenn sie zugesagt haben, und im besten Fall auch zusätzlich nicht erreichbar sind. Da kommt man schon mal ins Grübeln, warum man sich das ganze überhaupt antut. Vor allem da ich 85Km von Freiburg entfernt wohne und extra für jeden Termin die Strecke auf mich nehme.

Aber wenn ich es aus diesem Frust heraus sein lasse und nicht mehr aktiv bin, bringt das der gesamten Legalisierungsbewegung auch nichts. Noch ein weiterer inaktiver mehr…

Was mich in solch Momenten sehr motiviert weiterzumachen ist der Austausch mit anderen Aktivisten.

Zudem, wer den Kopf in den Sand steckt, bringt seinen Allerwertesten in eine gefährliche Position.

Hanfverband Hamburg: Hatte der Cannabis-Konsum – auch ob des gesellschaftlichen Stigmas – Auswirkungen auf Partnerschaften/Freundschaften?

Manuel: Ja. Da ich schon immer viel unterwegs war und mit vielen unterschiedlichen Menschen zu tun habe, habe ich schon verschiedenste Auswirkungen von fehlerhaftem Konsum/Umgang, wie auch juristischen Rattenschwanz mit Existenzfolgen sehen dürfen.

Ich selbst durfte auch schon erleben, wie sich Menschen von einem abwenden, nur weil man lieber Cannabis raucht, anstatt einen zu trinken.

Hanfverband Hamburg: Ab welchem Alter würdest du das Thema mit deinen Kindern besprechen und wie?

Manuel: Ich selbst habe keine Kinder, würde es aber ansprechen, sobald sie mich darauf ansprechen. Ich denke, das wäre der richtige Zeitpunkt. Wichtig ist es hier auch in meinen Augen offen zu sein, nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, aber auch nichts zu verheimlichen.

Hanfverband Hamburg: Welche Altersgrenze für die Abgabe von Cannabis findest du sinnvoll? Warum?

Manuel: Eine genaue Zahl kann ich nicht fest benennen, sie darf in meinen Augen aber nicht unter 18 und nicht über 21 Jahren sein.

Hanfverband Hamburg: Wie stellst du dir die Legalisierung vor, bzw. wie wünschst du sie dir?

Manuel:

Traummodus an

Da ich auf dem Land am Rande des Schwarzwaldes in einer Wein-/Schnaps-/Bierregion wohne, kann ich mir sehr gut vorstellen wie hier einige Südhänge weniger Weintrauben, sondern mehr Hanf tragen werden. Man fährt auf den Hof des Gutes und kann direkt vom Erzeuger sein Produkt beziehen, bei Belieben auch noch über das Feld spazieren. Zur Erntezeit im Spätjahr wird es hier nicht nur nach Weintraubengärung, sondern auch zusätzlich Süßlich hanfig riechen, die folgenden Erntedank-Feste werden sich neu kultivieren…

Traummodus wieder aus

Eine Legalisierung muss für mich beinhalten:

– Keine THC-Obergrenze

– Eigenanbau mit mindestens 8 Pflanzen

– Verstärkter Jugendschutz durch Prävention

– Anpassung der Führerschein-Grenzwerte auf >3ng/ml

– Aussetzung aller aktuellen Verfahren sowie Amnestie/Rehabilitierung aller vergangenen Urteile die sich auf Cannabis beziehen

– Klare Deklarierung der Inhaltsstoffe

Hanfverband Hamburg: Hast du eine Lieblingsgenetik/Sorte? Warum?

Manuel: Jack Herer.

Warum? Leider Geil!

Hanfverband Hamburg: Viele Leute haben Bedenken, sich aktiv für die Legalisierung zu engagieren, weil sie fürchten, Probleme im Job, usw. zu bekommen. Dies ist auch jetzt nach der beschlossenen Legalisierung noch so. Was würdest du diesen Leuten sagen, bzw. welche Tipps würdest du ihnen geben, damit sie trotzdem aktiv werden?

Manuel: Ich bin jetzt seit 2019 Aktivist beim Deutschen Hanfverband. Für diese Zeit kann ich folgende Bilanz ziehen: Ich bin auf freiem Fuß, hatte keine Hausdurchsuchung, habe meinen Job, habe durch die Legalisierungsarbeit inzwischen Deutschlandweit sehr viele tolle Menschen kennenlernen dürfen, leider auch zu viele Prohibitions-Schicksale.

Die vielen nicht so schönen Schicksale bewegen mich dazu nicht sitzen zu bleiben. Wir sind viele, von nichts tun kann aber leider auch nur nichts erreicht werden.

Sich aktiv zu beteiligen, heißt natürlich auch den ein oder anderen Arbeitseinsatz zu übernehmen, mag auch nicht jeder so, aber hey… Wenn unser Ziel erreicht ist, bin ich mit Schuld daran das Weed Legal ist, bist du es auch oder hast du nur am Screen zugesehen?

Hanfverband Hamburg: Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, (Vielleicht gerade Jugendlichen) wenn er/sie zum ersten mal Cannabis konsumieren möchte?

Manuel: Menschen unter 18 Jahren rate ich grundsätzlich ab, jedoch ist mir aber auch die Neugier in der Jugendzeit bewusst und dass viele (wie auch ich damals) nicht warten wollen.

Für ein erstes Mal ist das beste Setting mit einer Vertrauten Person, die bereits Erfahrungen hat und in einem gewohnten Umfeld in dem man sich Wohlfühlt oder noch besser, in der Natur. Fragen oder Vorstellungen, die man im Vorfeld hat, sollte man auch offen fragen und das allerwichtigste: Kein Zeugs vom Straßendealer am nächsten Bahnhof!

Hanfverband Hamburg: 19. Hast du zum Abschluss noch eine lustige, oder spannende Cannabis – Anekdote?

Manuel: Lustig oder spannend nicht wirklich, aber:

Lass anhauen, so jung wie jetzt kommen wir nie wieder zusammen.

Vielen Dank, dass du bei dem Interview mitgemacht hast und weiterhin alles Gute bei deiner aktivistischen Arbeit!