Ingrid Wunn

Ingrid Wunn

Wenn ihr aus Frankfurt kommt, habt ihr Ingrid vielleicht schon auf ihrem Trike, dem „Wiesel“, mit der obligatorischen Hanfflagge durch die Stadt fahren sehen.

Ingrid weiß aus Erfahrung, wie sehr Cannabis das Leben wieder lebenswert machen kann, denn Cannabis hilft ihr massiv, ihren Alltag zu bewältigen.

Doch nicht nur aus diesem Grund setzt sich die 59 jährige für eine Legalisierung ein. Die maßlose Ungerechtigkeit, welche unser Betäubungsmittelgesetz auszeichnet wäre auch ohne ihre Krankheit Grund genug für sie, gegen das Verbot zu kämpfen.

Die Sprecherin der Hanfinitiative Frankfurt (https://www.hanf-initiative.de/), welche es seit 2003 gibt, kümmert sie sich um den alljährlichen Global Marijjuana March, organisiert Infotische und ist natürlich 24/7 auf Aufklärungs – Mission.

Als studierte Sozialarbeiterin arbeitet sie außerdem 2 – 3 mal wöchentlich im Nachbarschaftsbüro Platensiedlung in Ginnheim (https://www.facebook.com/nbb.platensiedlung.ginnheim/)

und engagiert sich im Ortsbeirat der Frankfurter Linksfraktion politisch.

Wir freuen uns, dass sie sich für und Zeit genommen hat!

Hanfverband Hamburg: Wie bist du zum ersten mal mit Cannabis in Berührung gekommen?

Ingrid: Aus Neugierde.

Hanfverband Hamburg: Hat sich dein Konsum im Laufe der Jahre verändert?

Ingrid: Anfangs habe ich aus Genussgründen nur ab und an konsumiert. Heute, da aus medizinischen Gründen, täglich.

Hanfverband Hamburg: Hattest du in Bezug auf Cannabis schon Probleme mit dem Gesetz?

Ingrid: Ja, Ende der 1970er in Hof/ Bayern. Danach nicht mehr.

Hanfverband Hamburg: Was hat dich dazu bewegt, aktiv zu werden?

Ich lernte einen Menschen kennen, der wie ich der Meinung ist, dass Cannabis und andere Substanzen legal sein sollten. Kurze Zeit später gründeten wir die „Hanf-Initiative Frankfurt“.

Hanfverband Hamburg: Auf welche Art engagierst du dich für die Legalisierung von Cannabis?

Ingrid: Als Sprecherin der Hanf-Ini melde ich seit 2004 jedes Jahr den Global Marijuana March in Frankfurt an. Ich organisiere Infostände (meist in der Innenstadt) und setze mich vor allem auf kommunaler Ebene für eine fortschrittliche Drogenpolitik und die Legalisierung von Cannabis als Medizin und Genussmittel ein (Gremienarbeit, Teilnahme an Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen). Außerdem bin ich Mitglied beim DHV und bei E.N.C.O.D.

(https://encod.org/)

Hanfverband Hamburg: Bist du Cannabis – Patient?

Ingrid: Ja, aber nach wie vor illegal! Ich war schon Cannabis-Patientin, da gab es diese Bezeichnung noch lange nicht.

Hanfverband Hamburg: Wie hat Cannabis deine gesundheitliche Situation verbessert?

Ingrid: Früher erleichterte ein Joint meine Regelschmerzen (diese Erfahrung hatte ich schon in den 1980ern gemacht und alle sagten, ich wolle damit nur meinen Konsum rechtfertigen), heute hilft es mir weiter zu laufen.

– Unmedicated: 100/200 Meter

– Medicated: ca. 1000 Meter

Hanfverband Hamburg: Wie stehst du zu anderen Drogen und der Debatte um eine Entkriminalisierung dieser Substanzen?

Ingrid: Ich bin ausschließlich Cannabiskonsumentin, bin aber für eine Entkriminalisierung und Regulierung aller Drogen.

Hanfverband Hamburg: Wie siehst du die Chancen, dass an der jetzigen Politik bald etwas geändert wird?

Ingrid: Es wäre überraschend, wenn sich vor der nächsten Bundestagswahl etwas grundlegendes ändern würde.

Hanfverband Hamburg: Gab, oder gibt es Momente in deinem Aktivistenleben, wo du an deiner Überzeugung gezweifelt hast? Wenn ja, was motiviert dich weiterzumachen?

Ingrid: Natürlich gab es solche Momente, in denen ich dachte, dass sich nie etwas ändert und es drängte sich die Frage auf, warum das Alles. Doch dann dachte ich an meine und unsere Erfolge und dass es nötig ist, dass sich die Vernunft durchsetzt. Denn die Situation aller Cannabisliebhaber*innen muss sich verbessern. An der Sache selbst hatte ich nie Zweifel.

Hanfverband Hamburg: Hatte der Cannabis-Konsum – auch ob des gesellschaftlichen Stigmas – Auswirkungen auf Partnerschaften/Freundschaften?

Ingrid: Zum Glück, nein.

Hanfverband Hamburg: Wie stehst du zum Umgang mit Cannabis im familiären Umfeld?

Ingrid: Mit der nötigen Rück- und Umsicht ist das kein Problem.

Hanfverband Hamburg: Ab welchem Alter würdest du das Thema mit deinen Kindern besprechen und wie?

Ingrid: Wenn das Kind nachfragt und Interesse zeigt; idealer Weise im Grundschulalter.

Hanfverband Hamburg: Welche Altersgrenze für die Abgabe von Cannabis findest du sinnvoll?

Ingrid: Ich persönlich halte 16 für sinnvoll, denn das ist ein sehr experimentierfreudiges Alter. Niemand sollte für das „‘rumprobieren“ bestraft werden. Wenn 16-jährige wählen dürfen sollen (Kommunalwahlen), sollten sie auch darüber bestimmen können, ob sie konsumieren. Bier kann ab diesem Alter ja auch gekauft werden.

Da sich die Mehrheit der Legalizer nicht ohne Grund für die Legalisierung ab 18 entschieden hat, und da ich mich als Teil der Bewegung begreife, habe ich mich dieser Forderung angeschlossen.

Hanfverband Hamburg: Wie stellst du dir die Legalisierung vor, bzw. wie wünschst du sie dir?

Ingrid: Auf der einen Seite sollte es eine flächendeckende Versorgung in Drogenfachgeschäften zu angemessenen Preisen geben, auf der anderen Seite sollte jede*r, die/der will oder kann für seinen Bedarf anbauen können. Cannabis Social Clubs sollte es in den Städten und auf dem Land zusätzlich geben.

Hanfverband Hamburg: Hast du eine Lieblingsgenetik/Sorte? Warum?

Ingrid: Eher nicht, obwohl es schon „Leckerlis“ gibt; ich bevorzuge Dope.

Hanfverband Hamburg: Viele Leute haben Bedenken, sich aktiv für die Legalisierung zu engagieren, weil sie fürchten, Probleme im Job, usw. zu bekommen. Was würdest du diesen Leuten sagen, bzw. welche Tipps würdest du ihnen geben, damit sie trotzdem aktiv werden?

Ingrid: Sich für die Legalisierung einzusetzen ist nicht illegal und je mehr sich engagieren, desto weniger wird der Einzelne beachtet. Niemand muss sich ungewollt in die erste Reihe oder ans Mikro stellen.

Hanfverband Hamburg: Wenn Cannabis legal wäre, würdest du lieber anbauen oder in einem Shop einkaufen gehen?

Ingrid: Da ich wg. meiner Behinderung nicht mehr anbauen kann, würde ich eine*n Freund*in für mich anbauen lassen und/oder einem CSC beitreten. Aber auch dann wäre mein Dealer mein Freund.

Hanfverband Hamburg: Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, (Vielleicht gerade Jugendlichen) wenn er/sie zum ersten mal Cannabis konsumieren möchte?

Ingrid: Das erste Mal mit lieben Freunden und in angenehmer Atmosphäre und vielleicht nicht, wenn Mensch noch ‘was vor hat.

Hanfverband Hamburg: Hast du zum Abschluss noch eine lustige, oder spannende Cannabis – Anekdote?

Ingrid: Lustig, eher nicht – meine Begegnung mit der dritten Art.

Ich cruiste auf meinem Trike, natürlich Hanf beflaggt, Richtung Innenstadt und war ziemlich überrascht, als mir plötzlich ein Freund und Helfer den Radweg versperrte. Im selbem Moment beugte sich sein Kollege zu mir herunter: „Wir haben Ihre Fahne gesehen, und jetzt will ich Ihnen in die Augen schauen! … Haben Sie ‘was dabei? … Sie wissen ja, dass …“ Da meinte ich nur: „Und sie wissen sicher, dass es Menschen gibt, die Cannabis verschrieben bekommen.“ Das interessierte beide. Nach kurzem Gespräch gaben sie mir dann den Weg frei.

Wegen einer Hanffahne von den Bullen angehalten – und das in Frankfurt! Kontrolle und Personalien – Feststellung haben sie sich gespart, was aber darauf hindeutet, dass sie wussten, wen sie da vor sich stehen hatten. Schon denkwürdig und irgendwie kein gutes Zeichen.

Ingrid, schönen Dank, dass du mitgemacht hast!